Pharao der Auswanderung
Während Mose in Midian war, heiratete und einen Sohn bekam, gab es in Ägypten eine bedeutende Änderung.
2 Mos 2:23 Und es geschah während jener vielen Tage, da starb der König von Ägypten.
Das geschah dann in 1223 v. Chr., falls der Unterdrücker tatsächlich Ramses II war.
Der Nachfolger von Ramses II war der etwas schwächere Merenptah, der meistens als Pharao der Auswanderung angesehen wird und unter welchem die dramatischen Ereignisse des 2. Buches Mose stattfanden.
Da diese Ereignisse ein gewaltiges Unheil für Ägypten waren, erwartet man, dass die Regierungszeit Merenptahs in den ägyptischen Aufzeichnungen als eine Zeit voll Schwierigkeiten geschildert wird.
So ist es auch. Wohl sind die genauen Ereignisse im 2. Buch Mose nirgends in den ägyptischen Aufzeichnungen zu finden, aber es gab jede Menge Schwierigkeiten anderer Art, und die ganze Regierungszeit Merenptahs war überhaupt für die ganzen Länder am östlichen Mittelmeer sehr schwierig.
Immer wieder in der altertümlichen Geschichte kommen Zeiten vor, in denen Nomadenvölker anfangen zu wandern. Ein Stamm treibt gegen einen anderen, die wiederum gegen den nächsten drückt, wie eine Reihe umfallende Dominosteine. Die Städte der Sesshaften in der Welt bekommen die Wucht zu spüren. Da diese Leute nicht einfach umziehen können, aber auch nicht immer dem Druck standhalten können, werden Zivilisationen gelegentlich zerstört.
Im 13. Jahrhundert v. Chr. fand eine solche Volkswanderung statt. Griechenland und Südosteuropa bekamen das Eindringen von Barbaren zu spüren. Wegen dieses Drucks wurden von Griechenland, Kreta und anderen Ländern Raubzüge geführt, die ins ägäische Meer und Kleinasien gingen. Der Trojanische Krieg kann ein Teil davon gewesen sein.
Wegen der Unruhen, die Kleinasien damals quälten, kam ein kleines eingeborenes Volk, die Phrygier, zur Macht und machte dem Hethiterreich den Garaus, das nach dem Krieg mit Ramses II schwer angeschlagen war. Die Hethiter verkamen zu einem winzigen Rest und erschienen den Israeliten, als sie endlich Kanaan eroberten, nur als ein kleiner Stamm.
Zudem verließen einige Stämme Kleinasien, um nach Westen zu ziehen und gründeten vermutlich die etruskische Kultur in Italien.
Die Angreifer aus Nordosteuropa landeten auch auf den ägyptischen Küsten. Für die Ägypter waren sie die "Seevölker". Es gelang den Ägyptern, mit sehr hohem Aufwand, diese wieder zu vertreiben, aber der entstandene Schaden trug zum allgemeinen Niedergang bei. Während des Durcheinanders dieser Zeit ist es möglich, dass die Israeliten die Gelegenheit zur Flucht bekamen.
Dazu kommt, dass Ägypten zum ersten Mal seit Thutmose I, dreihundert Jahre früher, den Halt in Kanaan verloren. Ein Teil der Seevölker fiel in Kanaan ein und setzten sich als Philister auf der südlichen Küste fest. Die ägyptischen Streitkräfte wurden entweder geschlagen oder zurückgezogen um das Kernland zu beschützen. Während der nächsten 900 Jahre gewann Ägypten nicht die Macht über Kanaan zurück. Die Israeliten, die Kanaan eroberten, bekamen es also nicht mit dem ägyptischen Heer zu tun, sondern nur mit den eingeborenen Kanaaniten. Während der kommenden Jahrhunderte waren die wichtigsten Feinde die Philister, die in Kanaan von Westen eingedrungen waren, wobei die Israeliten vom Osten kamen.
Es gibt also einen gewissen Sinn, Merenptah als Pharao der Auswanderung anzusehen, gleich ob man nun alle Einzelheiten der Bibel glaubt oder nicht.