Pharao von Josef

In Ägypten gedeiht Josef wegen seines Fleißes und seiner Klugheit und wird Aufwärter im Haushalt Potifars. Allerdings versucht die Frau Potifars den jungen Mann zu verführen, und als dieses misslingt, beschuldigt sie ihn des Versuchs einer Vergewaltigung. Josef kommt ins Gefängnis.

Dort erreicht er aber nochmal durch Fleiß und Klugheit die Gunst des Gefängniswärters. Seine Mitgefangenen achten ihn als ein ehrlicher Traumdeuter. Besonders ein Diener Pharaos, der vorübergehend inhaftiert ist, erfreut sich einer Traumdeutung und verspricht diese Pharao gegenüber zu erwähnen, vergisst es aber wieder.

Es träumen aber nicht nur Gefangene:

1 Mose 41:1 ... da träumte der Pharao: Und siehe, er stand am Strom.

Pharao träumte, dass sieben fette Kühe aus dem Fluss stiegen. Doch danach kamen sieben magere Kühe, die die fetten Kühe auffraßen, wobei sie aber so dünn wie vorher blieben. Er wachte auf, und träumte nochmals von sieben guten Ähren und sieben Schlechten.

Die weisen Männer Pharaos waren nicht in der Lage, diesen Traum zur Zufriedenheit des Herrschers zu deuten. Jetzt aber erinnerte sich der Diener Pharaos an den hebräischen Sklaven, mit dem er in Gefängnis gewesen war.

Josef wurde herbeigerufen und deutete sofort den Traum. Die sieben fetten Kühe und die sieben guten Kornähren, sagte er, bedeuten sieben reiche Jahre, während die sieben mageren Kühe und sieben schlechten Kornähren sieben Jahre von Hungersnot bedeuten. Man solle deswegen während der reichen Jahre genügend Korn aufheben, dass es für die mageren Jahre reiche.

Pharao wurde von dieser Deutung und den Vorschlägen so überzeugt, dass er Josef in die Verwaltung einsetzte, wobei er schließlich Minister wurde.

Die Frage ist jetzt, welcher Pharao das war, der einem hebräischen Sklaven und später seiner ganzen Familie so günstig eingestellt war. Ganz gewöhnlich war er gewiss nicht, denn Ägypten war lange isoliert gewesen und insgesamt fremdenfeindlich eingestellt. Der Ägyptische Pharao war den Ägyptern ein Gott und war üblicherweise nicht geneigt, Macht an asiatischen Fremdarbeitern zu übertragen.

Betrachten wir die Geschichte Ägyptens, sehen wir, dass das Mittlere Reich zur Zeit Abrahams (siehe Pharao) 200 Jahre dauerte, von 1991 v.Chr. bis 1786 v.Chr. und damit während der patriarchalischen Zeit bestand.

Als das Mittlere Reich verfiel, folgte eine Zeit der Zügellosigkeit mit schwachen Herrscherhäusern, die verschiedene Teile des Landes beherrschten.

Um etwa 1740 v.Chr. ermöglichte es die Schwäche Ägyptens asiatischen Eindringlingen ins Land einzufallen. Die semitischen Eindringlinge, die über anderthalb Jahrhunderte das Nildelta beherrschen sollten, werden Hyksos genannt, das scheinbar von ägyptischen Wörtern abgeleitet wird, die "Fremdkönige" bedeuten.

Die Hyksos, die in den alten (mehr oder weniger verwirrten) Listen über ägyptische Könige das 15. und 16. Dynastie beisteuerten, gründeten ihre Hauptstadt auf dem nordöstlichen Rand des Nildeltas, dem Punkt der Asien am nächsten lag.

Heute findet man wenige Aufzeichnungen über die Herrschaft der Hyksos, denn spätere ägyptische Historiker fanden es offenbar zu unangenehm über die Niederlage und die Fremdherrschaft zu berichten. Der einzige Bericht, den wir haben, findet sich bei Josephus, einem jüdischen Historiker, der im ersten Jahrhundert n.Chr. lebte und der Maneto zitierte, ein ägyptischer Historiker, der 300 Jahre früher gelebt hatte.

Diese Quelle lässt vermuten, dass die Hyksos nicht nur das Nildelta, sondern auch den westlichen Teil des Fruchtbaren Halbmonds beherrschten. Falls das stimmt, ist das wichtig.

Bis zur Erzählung von Josef hat das 1. Buch Mose Ägypten übergangen - abgesehen von den 10 Versen, die Abrahams Besuch dort erwähnt. Das ist verständlich. Kanaan stand spätestens seit der Zeit Sargons von Akkad, vielleicht sogar seit Lugal-Zagissi von Erech unter Einfluss der Euphrat-Tigris-Region. Einen Großteil der Zeit war der gesamte Fruchtbare Halbmond politisch ein einziges Reich. Das bedeutet, dass man sich im Fruchtbaren Halbmond bewegen konnte. Abraham war von Ur, sein Diener und später Jakob, waren vorübergehend in Haran. Sodoma und ihre Verbündeten kämpfte gegen Angreifer von Euphrat und Tigris.

Ägypten war allerdings eine ganz andere Zivilisation und eine andere Welt und war vom Fruchtbaren Halbmond durch eine mehr oder weniger gleichbleibende politische Grenze getrennt. Ab etwa 1730 v.Chr. wurde diese politische Grenze verwischt und die gleiche Macht - die Hyksos - beherrschte sowohl Kanaan als Ägypten. Reisende zwischen den zwei Gegenden konnten sich frei bewegen und als die Midianiten Josef in Kanaan kauften, konnten sie ihn leicht in Ägypten als Sklave verkaufen.

Das Bild eines freundlichen und aufgeschlossenen Herrschers von Ägypten mag also sehr wohl einer der Hyksoskönige gewesen sein. Er fand in Josef einen Semiten wie er selber und konnte ihm durchaus die Macht über untegebenen Ägyptern anvertrauen.

Das ist natürlich nur eine Vermutung, wenn auch eine ganz vernünftige. Die Bibel nennt nämlich nicht die Hyksos als solche und keine Quellen außerhalb der Bibel (oder abgeleitet von der Bibel) nennen überhaupt Josef oder die tiefgreifenden Ereignisse, die sich während seines Aufenthalten in Ägypten zutrugen. Und selbst wenn der Pharao von Josef ein Hyksoskönig war, dann haben wir keine Hoffnung festzustellen, welcher von ihnen er gewesen sein kann.

Nach Josephus ist die Ägyptische Geschichte über das Hyksosvolk die ägyptische Ausgabe der Geschichte Josefs, und später seiner Familie, in Ägypten. Die Hyksos waren in den Augen von Josephus einfach die Israeliten. Das nimmt ihm heute aber niemand mehr ab.

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