Der Koran und sein Umfeld
Nicolai Sinai und Angelika Neuwirth
Das wissenschaftliche Fach der Koranstudien wird heute nicht von beeindruckenden Errungenschaften auf seinem Gebiet gekennzeichnet, das sich, wie Fred Donner so richtig erkannt hat in einem "Zustand der Verwirrung"1 befindet, sondern vom verbreiteten Interesse der Medien, die Ursprung und Deutung des Korans in den letzten gut 10 Jahren ausgelöst haben.2 Die Lücken in diesem Fach - die unübersehbar sind, wenn man die eindrucksvolle Liste der Errungenschaften in den Bibelstudien und Altertumswissenschaften betrachtet - sind gewaltig. Keine textkritische Ausgabe, kein freier Zugang zu wesentlichen Handschriften, keine klare Vorstellung vom kulturellen und sprachlichen Umfeld seiner Entstehung, keine Einigkeit über Grundlagen der Vorgehensweise, erhebliches Misstrauen zwischen Gelehrten und - vielleicht das wichtigste einzelne Hindernis eines Fortschritts - keine geeignete Ausbildung zukünftiger Koranforscher in nicht-arabischen Sprachen und Kulturkreisen, die ohne Zweifel zu seinen Rahmenbedingungen beigetragen haben.
Das allgemeine öffentliche Interesse in Koranstudien, dem bedauernswerten Zustand des Faches selbst zum Trotz, ist aber nicht unbedingt schlecht. Es weckt die Hoffnung auf spannende Entdeckungen, die jüngere Forscher anziehen und ältere anregen könnten. Was dem Fach Koranstudien allzu lange gefehlt hat, ist ein gesundes Maß an Begeisterung. Veröffentlichungen von vor den 1970ern, als die vorhandenen Erzählungen über die Entstehung des Korans zum ersten Mal grundlegend bezweifelt wurden, vermitteln oft das Gefühl, dass es, erstens, nicht viel gibt, was man noch über den Koran entdecken könnte, und, zweitens, dass der Gegenstand dieser angeblich vollkommenen Menge von Wissen, nämlich der Koran selbst, als nachahmender Text an sich auch gar nicht so interessant ist und daher nicht mit so verfeinerten Verfahren untersucht werden braucht wie etwa die Bibel oder altertümliche Texte3. In 1961 konnte Rudi Paret, zwei Jahre vor der Veröffentlichung der ersten Teile seiner angesehenen Übersetzung des Korans, meinen, dass "das Bild von Muhammad, dass europäische Orientalisten bisher ausgearbeitet haben, wohlbegründet ist und nur in Kleinigkeiten verändert oder abgerundet werden wird. Eine neue und systematische Auslegung des Korans wird kaum zu neuen oder aufregenden Entdeckungen führen"4. Die Tür des Idschtihad ist geschlossen und das Fach kann sich von jetzt ab darauf beschränken, das gesammelte Wissen früher Bahnbrecher zu verwalten. Oder, etwas mehr plump ausgedrückt, Koranstudien sind ein Fach, das sich selbst zu Tode langweilen wird.
Begeisterung trat in den Koranstudien auf in Gestalt von Zweifel. Viele Gelehrte haben das Gefühl, dass die Veröffentlichung von Quranic Studies in 1977 von John Wansbrough und von Hagarism von Michael Cook und Patricia Crone eine entscheidende Wende in der Geschichte des Fachs gebracht haben, das bis dahin meistens den allgemeinen geschichtlichen Rahmen der Verkündigung des Korans anerkannt hat, den die islamische Überlieferung mitteilt. Man fasst häufig das frühe Werk Günter Lülings Über den Ur-Qur'an: Ansätze zur Rekonstruktion vorislamischer christlicher Strophenlieder im Qurʾān, 1974 und das neuere Werk Christoph Luxembergs Die syro-aramäische Lesart des Koran, 2000 unter dem lockeren Begriff "Revisionismus", obwohl man beim näheren Hinschauen schnell die sehr unterschiedlichen Annahmen und Vorgehen, auf denen die zwei Werke beruhen, aufzeigen kann5. Die Verschiedenheit der Ansätze des "Revisionismus" wird vielleicht erst klar werden, wenn die neuere Geschichte der Koranstudien aufhört, sich auf dem Ausmaß der Anerkennung oder Ablehnung bestimmter Gelehrter zu stützen, also wo die Trennung zwischen Tradition und Revision geht. So ist es zum Beispiel eine Verzerrung, wenn man behauptet, dass das aufwändige und vielschichtige Werk von John Wansbrough nur die vorläufige Meinung sei, dass der Koran erst unter den Abbasiden das Licht der Welt erblickte6. Vielmehr erkennt man in diesem einzigartigen Beitrag der Quranic Studies, von dem sich nur ein sechstel mit Korandaten beschäftigt, den Versuch Wansbroughs, überlieferte Werke in Tafsir und Sira, die bis dahin nur als "Quellen" aufgefasst worden waren, die für geschichtliche Auskünfte ausgeschlachtet werden konnten, als Literatur aufzufassen, und sie einer formkritischen Analyse zu unterziehen. Die Einordnung des Werks eines Gelehrten ausschließlich gemäß seiner Annahme oder Ablehnung überlieferter Bezugsrahmen ist eine unzulässige Vereinfachung.
Eine weitere Besonderheit der Quranic Studies ist natürlich die anhaltende Betonung (eine Betonung, die von Hagarism geteilt wird, wenngleich mit mehr jugendlichem Überschwang) des spätantiken Umfelds des Korans, das nicht nur an den vielen hebräischen Buchstaben auf seinen Seiten, aber auch an der deutschen Fachsprache aus Bibelstudien erkennbar ist. Die spätantike Umgebung des Korans musste allerdings nicht bis zur revisionistische Wende in 1977 auf ihre Entdeckung warten. Bereits in Was hat Mohammed aus dem Judenthume aufgenommen? von Abraham Geiger (in 1833) stellt einen ehrgeizigen Versuch dar, biblische und rabbinische Überlieferungen aufzuzeigen, mit denen der Koran sich sozusagen in Gespräch befindet. Die Arbeit Geigers kann als der Anfang neuzeitlicher Koranforschung angesehen werden7, gefolgt von den Werken Gustav Weils (Mohammed der Prophet, sein Leben und seine Lehre, 1843; Historisch-kritische Einleitung in den Koran, 1844), Aloys Sprenger (Das Leben und die Lehre des Mohammed, 1861) and, most importantly, Theodor Nöldeke (Geschichte des Qorâns, 1860). Geiger kann allerdings auch als Auslöser einer besonderen koranischen Forschungsrichtung im Zusammenhang mit dem "Wissenschaft des Judentums", welche wegen seines Augenmerks auf den Zusammenhang des Korans mit biblischen und nachbiblischen überlieferungen den Bezugsrahmen des Korans über das bloße "Zeitalter der heidnischen Unwissenheit" (Jahiliya) hinaus erweitert. Wichtige Vertreter dieser Forschungsrichtung sind Hartwig Hirschfeld (Beiträge zur Erklärung des Qorân, 1886; New Researches into the Composition and Exegesis of the Qoran, 1902), Josef Horovitz (Koranische Untersuchungen, 1926)8, und Heinrich Speyer, Verfasser einer umfassenden allgemeinen Übersicht über die im Koran bekannten Elemente rabbinischer Weisheiten (Die biblischen Erzählungen im Qoran, 1931).
Für einen neuzeitlichen Leserkreis sieht Forschung wie die von Speyer aus, als wäre sie von der Ansicht besessen, dass ein Text nur verstanden werden kann, wenn man seine "Quellen" ausfindig macht. Ein solches Vorgehen wird oft bereits missbilligt, wenn es auf die Bibel oder auf die alte griechische oder lateinische Literatur Anwendung findet, doch im Falle des Korans wird man gleich beschuldigt, insgeheim zeigen zu wollen, wie der Koran nichts anderes als eine Aufarbeitung früherer Überlieferungen sei, um damit den islamischen Glauben zu entehren und die Überlegenheit westlicher Kultur nachzuweisen9. Der Titel der Arbeit Geigers "Was hat Mohammed auf dem Judenthume aufgenommen?" scheint solche Vorahnungen zu bestätigen: Muhammad habe demnach seine religiösen Vorstellungen und und Beweggründe "aufgenommen" - oder, was noch schlimmer wäre, aufgenommen, missverstanden und in verzerrter Form weitergegeben. Der Verdacht liegt dann nahe, dass Geiger in seinem Eifer, den jüdischen Ursprung vieler koranischer Vorstellungen aufzuzeigen, geneigt wäre, wesentliche Änderungen zu übersehen, die diese erfahren hatten oder sie sogar eher als bloße "Missverständnisse" sieht als zweckdienliche Umgestaltungen.
Genau dieser Gedankengang findet Ausdruck in der Vorlesung "Die Originalität des arabischen Propheten" von Johann Fück, 1936. Fück greift Forschung nach der Art Geigers an und hebt ausdrücklich Geiger als Ursprung vor, denn "je mehr die Untersuchung dieser Abhängigkeitsfragen in den Vordergrund rückte, desto stärker verlor die Forschung jede große Linie und begnügte sich schließlich mit immer wieder erneuten Versuchen, für alles und jedes im Koran, sei es nun eine religiöse Idee, eine Vorstellung, ein Ausspruch, ein Rechtssatz, eine Erzählung, oder aber ein Motiv, ja schließlich ein einzelnes Wort irgendwelche Vorbilder nachzuweisen, gerade als ob es möglich wäre, das Wesen des Propheten in eine Summe von tausend Einzelheiten zu zerlegen."10
Die Einmischung Fücks wirkt zunächst überaus vernünftig, entmutigte aber bedauerlicherweise fachübergreifende Forschung nach der Art von Geiger und Horovitz und veranlasste die Forscher, sich auf herkömmliche arabische Quellen zu beschränken. Wie überdrüssig auch immer Fück der Quellenjagd sein mag, muss der Erfolg der Arbeit Geigers nun doch betont werden. Die Korantexte wurden vielleicht zum ersten Mal in ihrer ursprünglichen kulturellen Umgebung betrachtet und so genommen, wie sie waren, bevor sie zu Grundlage einer neuen Religion heiliggesprochen wurden - und zwar: Antworten auf dringende zeitgenössische Fragen und Schwierigkeiten, Antworten, die Erzählungen und Vorstellungen, die die Zuhörerschaft kannten, aufgriffen, abwandelten und neu deuteten. Für Geiger, Horovitz und Speyer stellte sich der Koran nicht nur als der Beginn der islamischen Geschichte dar, sondern auch als Übergangstext, der innerhalb eines Umfelds sprachlicher und religiöser Vielfalt verstanden werden muss.
Das Vorgehen, das im Vortrag von Fück beschrieben wurde, sollte am Ende erfolgreicher werden und auf das ganze Fach erstickend wirken. Das hatte auch mit äußeren politischen Umständen zu tun. Als die Nationalsozialisten ihre Macht über Deutschland nach Parlamentswahlen in 1932 festigten, fingen sie an, alle Juden vom öffentlichen Leben in Deutschland auszuschließen, ein Vorzeichen von noch schlechteren Dingen, die kommen sollten. Forschung nach der Art von Geiger, Horovitz und Speyer wurde streng unterbunden, sodass Koranstudien vor allem gelehrten überlassen wurden, die arabische Literatur studiert hatten und nicht, zum Beispiel, rabbinische Literatur. Sicher war vergleichende Koranstudien auf dem Hintergrund der religiösen Überlieferungen in dessen historischem Umfeld nicht auf jüdische Gelehrte beschränkt. Wichtige Beiträge wurden auch von Tor Andrae11, Karl Ahrens12 und mittelbar auch vom vergleichenden Studium Julius Wellhausens altertümlicher arabischer Religion13. Der Zweite Weltkrieg bewirkte aber eine merkliche Veränderung des Vorgehens. Die Person Muhammads stand nun im Mittelpunkt des Interesses, eine Entwicklung, die in den Arbeiten Rudi Parets14 und W. Montgomery Watts15 und der Koran erschien vor allem als ein Spiegelbild der psychologischen Entwicklung Muhammads. Für diesen neuen Blickwinkel stützte man sich umfassender und teilweise auch leichtgläubiger auf Sira-Überlieferungen, als zum Beispiel Horovitz und Geiger es taten. Koranlehre wurde, um es etwas herausfordernd auszudrücken, zu einer Lehre über das Leben Muhammads. Das verringerte Interesse für den Koran selbst als Gegenstand für Untersuchungen wird zum Beispiel sichtbar, da der Korankommentar Parets, der so ziemlich seit seiner Veröffentlichung als maßgebend angesehen wurde, sich kaum mit Fragen zur Chronologie befasst, die frühere Gelehrte wie Nöldeke, Hirschfeld und Bell beschäftigt hatten. Die Querverweise, die Paret an gleichlautende Koranstellen liefert, teilen nie mit, ob der angegebene Text erheblich jünger oder älter als der Ausgangsvers ist. Rein textbedingte Überlegungen, treten daher neben biografischen in den Hintergrund. Das ist ärgerlich, da es beträchtliche Belege dafür gibt, dass der Korantext mit der Entstehung einer islamischen Gemeinde verflochten war, die treu die immer weiter wachsenden Menge göttlicher Mitteilungen an Muhammad im Gottesdienst benutzte.16 Betrachtet man die koranischen Texte alle als gleichzeitig, ohne Rücksicht auf die thematische und formelle Entwicklung der ursprünglichen Texteinheiten, aus denen sie zusammengesetzt sind, dann lässt man eins der wichtigsten Zeugnisse für das Heraushören der allmählichen Entstehung der islamischen Urgemeinde vor der Eroberung unerforscht.
Es ist wahr, dass das Studium des Korans als Quelle für das Leben und Denken Muhammads seit Geiger in der westlichen Lehre tief verwurzelt ist. Als die übliche christlichen Angriffe auf dem Koran im 19. Jahrhundert langsam von der Philologie abgelöst wurde, war dieser Wandel eng mit der Frage verknüpft, wie Muhammad als Person aufzufassen sei. Sollte er nicht der religiöse Hochstapler sein, wie die mittelalterlichen Streitschriften behaupteten, dann wäre der Koran als Spiegelbild einer besonderen Erscheinungsform menschlicher Religiosität und verdiente eine unabhängige Untersuchung.17 In den Arbeiten von Geiger, Speyer, Andrae oder Wellhausen ist der lebensgeschichtliche Blickwinkel geprägt von ihren gründlichen Kenntnissen zu vorislamischer christlicher und jüdischer Literatur, die ihnen erlaubte, den koranischen Text als eine von vielen Stimmen einer umfassenden Religionsstreit der Spätantike zu betrachten. Diese Tiefenschärfe ging in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verloren, um in 1977 von den Rebellen wieder erweckt zu werden und von denen, die von ihnen angeregt wurden.18
Quranic Studies betrachtet mit Nachdruck den Koran als wesentlichen Bestandteil des breiten Angebots monotheistischer Literatur, was eine längst fällige Berichtigung war. Eine Berichtigung, die allerdings selbst die einfachsten Grundsätze der herkömmlichen Sichtweise auf die Entstehung des Korans missachtet, auch wenn diese ihre eigenen Ausweglosigkeiten hat. Wansbrough findet im Koran so viel Nachhall biblischer Überlieferungen, dass er das überlieferte arabische Umfeld seiner Entstehung als spätere mythische Erfindung abtut und sich stattdessen eine Anzahl Andeutungen dahin gehend erlaubt, dass der Koran in Mesopotamien des achten Jahrhunderts aus einer Zusammenstellung abweichender monotheistischer Überlieferungen entstanden ist.19 Das ist aus mehreren Gründen äußerst heikel. Zum einen unterstellt Wansbrough, dass die frühe islamische Geschichte derart zu einer "Heilsgeschichte" entstellt worden ist, dass jeder Versuch herauszufinden "was wirklich geschah", einfältig wäre: Das, was man als "vorkanonischen" Koran bezeichnen könnte, also der Urtext, bevor die Gemeinde nach der Eroberung ihn heiligte und verbindlich auslegte, ist für den Forscher nicht mehr zugänglich.20 Die Arbeit Wansbroughs kreuzt sich mit der entschiedenen Ablehnung des bloßen Begriffes "ursprüngliche Bedeutung", das in der postmodernistischen Literaturtheorie so beliebt geworden ist.21 Für Wansbrough geht es, wie für Patricia Crone auch, nicht um die Kunst der Auslegung im allgemeinen, sondern um die vorhandenen islamischen Quellen, die von Widersprüchen und Ungereimtheiten so durchsetzt sind, dass man sie nur als "Heilsgeschichte" auffassen kann.22 Inzwischen haben aber etliche Erwiderungen von Historikern des frühen Islams an Wansbrough verdeutlicht, dass die Auffassung der hoffnungslos widersprüchlichen Beschaffenheit der arabischen Überlieferungen anfechtbar ist und möglicherweise völlig übertrieben ist.
1. Donner: "Recent scholarship" 29 ↩
2. Der Anfang dieses fast beispiellos gesteigerten Interesses der westlichen Medien für den Koran geht zurück auf Januar 1999, als Toby Lester seinen Artikel "What is the Koran?" veröffentlichte (The Atlantic Monthly 283: 43-56). Weiter stieg das Interesse der Medien nach dem Buch Christoph Luxenbergs "Die syro-aramäische Lesart des Koran" in 2000 und das allgemeine Interesse für alles Islamische nach dem Angriff auf World Trade Center in 2001. Wie sehr die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Buch Luxembergs vom Gespenst des islamischen Terrorismus geprägt worden ist, ist zum Beispiel der Artikel "Virgins? What Virgins?" von Ibn Warraq in The Guardian, den 12.01.2002. Der Koran hat es neuerdings mit dem Artikel von Andriw Higgins "The Lost Archive" (12.01.2008) sogar bis auf die Vorderseite des Wall Street Journal geschafft. ↩
3. Zur Geringschhätzung des literarischen Werts des Korans durch Orientalisten, siehe Wild, Stefan "Die schauerliche Öde des heiligen Buches. Westliche Wertungen des koranischen Stils." ↩
4. Paret: "Der Koran als Geschichtsquelle" 140 ↩
5. Eine Übersicht findet man bei Reynolds: "Introduction" 8-19 ↩
6. Wie Rippin redegewandt in "Foreword" xiv darlegt. ↩
7. Zu Geiger und seinen Koranstudien siehe Hartwig et al (eds.) "Im vollen Licht der Geschichte" und besonders die Beiträge von Friedrich Niewöhner und Nicolai Sinai und die Einleitung durch Angelika Neuwirth. ↩
8. Zu Horovitz, siehe Jäger: "Josef Horovitz" ↩
9. Siehe Manzoor "Method against Truth," 33: "Das orientalistische Vorhaben, den Koran zu studieren, ist, unbeachtet jeglicher Leistungen und Verdienste, aus Verachtung geboren, in Enttäuschung erzogen und mit Rachsucht gefüttert: Verachtung der Machthaber für die Machtlosen, Enttäuschung der "Vernünftigen" von den "Abergläubigen" und Rachsucht der "Rechtgeleiteten" gegenüber den "Abtrünnigen". In der Stunde seiner weltlichen Siegesfeier hat der westliche Mensch die Mächte des Staates, der Kirche und der Lehrstellen vereint um einen entschlossenen Angriff auf die Festung des islamischen Glaubens zu unternehmen." ↩
10. Fück "Originalität" 168 ↩
11. Andrae, Ursprung des Islams ↩
12. Ahrens, Muhammad als Religionsstifter ↩
13. Wellhausen, Reste arabischen Heidentums ↩
14. Paret, Muhammad und der Koran ↩
15. Watt, Muhammad at Mecca, und Muhammad at Medina ↩
16. Für eine Übersicht der Belege für eine Nutzung der Texte in der Gemeinde, siehe Neuwirth, "Vom Rezitationstext über die Liturgie zum Kanon." ↩
17. Siehe Sinai, "Oriantalism." ↩
18. Siehe zum Beispiel Hawting, "Idolatry". ↩
19. Siehe Wansbrough, Quranic Studies, 50; Wansbrough, Sectarian Millieu, 40, 45. ↩
20. Rippin fasst dieses Merkmal vom Vorgehen Wansbroughs im "Foreword" xvii zusammen: "Grundlegende Aussage ist, dass wir nicht über den Koran, wie wir ihn heute kennen, sinnvoll sprechen können, bevor wir ein solches Maß an Befugnis, Zustimmung und Standfestigkeit erreicht haben." Danach gibt Rippin zu, dass: "Der Text muss eine Vorgeschichte haben, damit dieses geschehen kann, und zwar eine Vorgeschichte, in der die frühere biblische und überlieferte arabische Inhalte durch die Person Muhammads zusammengebracht werden." Es ist aber dabei von entscheidender Bedeutung, dass die Vermutungen Wansbroughs späterer nicht-arabischer Textbearbeitung meistens als Beleg für die zwangsläufige Sinnlosigkeit derartiger Wiederherstellungen gesehen werden statt als Ruf nach größeren Anstrengungen um die Vorgeschichte zu ermitteln (siehe auch Rippin, "Literary Analysis," 356: "Die tatsächliche Geschichte im Sinne von was wirklich geschah ist dermaßen in spätere Auslegung eingearbeitet worden, dass sie nicht mehr davon trennen kann.") Die Verfasser von Hagarism teilten zwar die düstere Einschätzung Wansbroughs im Hinblick auf islamische Quellen, meinten aber (zur Zeit der Veröffentlichung des Buches), dass man vermutlich aufgrund nicht-arabischer Quellen am Ende doch eine einigermaßen genaue Geschichte der Entstehung Islams schreiben könne. Wansbrough drückte in seiner Rezension von _Hagarism _in der _Bulletin of the School of Oriental and African Studies _41(1978):155-156 gegenüber einem derartigen Vorhaben seine Zweifel aus: "Kann ein Handlungsschatz aus einer Sammlung getrennter Klischees frei extrapoliert werden, die von fremden und meist feindlichen Beobachter verfasst wurden, und danach benutzt werden, um nicht nur das offensichtliche Verhalten, sondern auch die geistige und seelische Entwicklung der hilflosen und fast unschuldigen Darsteller zu beschreiben?" ↩
21. Unter den Forschern, die von Wansbrough angeregt wurden hat Andrew Rippin lebhaft und einflussreich die Forderung nach einer Abkehr vom "Wunsch, positive geschichtliche Ergebnisse zu erzeugen - um die innere Sehnsucht nach der Feststellung 'was wirklich geschah' zu befriedigen." (Rippin, "Literary Analysis," 356). In seiner Einleitung zu Approaches to the History of the Interpretation of the Qur'an meint er, dass aufgeklärte Forscher im Auslegen des Korans die herkömmlichen Versuche "die ursprüngliche Bedeutung" des Textes , "die Absicht des Verfassers" oder "die Bedeutung des Textes für die ersten Zuhörer" unterlassen sollen (Rippin, "Introduction," 2) und zu einem auf den Leser ausgerichteten Vorgehen wechseln, das heißt, zu Studien von Tafsir: "Die Geschichte der Auswirkungen des Korans, also wie die Zuhörer ihn verstanden haben, durch Texte zur Auslegung zu studieren scheint für heutige Forscher eine geeignete, überzeugende und lohnende Aufgabe zu sein." (Rippin, "Introduction", 2). Nun hat aber Danial Madigan glaubhaft darauf hingewiesen, dass allgemeine Vorbehalte hinsichtlich des Begriffes "ursprüngliche Bedeutung" "der gleichen Beanstandung ausgesetzt würde wie die Rippins zum Text des Korans selbst: die Fragen nach dem geschichtlichen Umfeld und der 'ursprünglichen Bedeutung' betreffen in gleicher Weise die Texte des Tafsir wie den des Korans selbst (...) Wir müssen demnach unendlich ausholen: ist es nutzlos, Bedeutung und den Zusammenhang im Koran zu suchen, dann ist es ebenso vergeblich, wenn man einen Tafsir betrachte, denn auch dieser ist ein Text unklarer Herkunft und dazu noch aus einer uns recht befremdlichen Kultur" (Madigan, "Reflections" 351.) ↩
22. Wie Crone es so denkwürdig ausgedrückt hat: "Seit über einem Jahrhundert war die Landschaft der muslimischen Vergangenheit einer derart heftigen Witterung ausgesetzt, dass ihre Gestalt zu Schutt und Staub verkleinert, zu neuen Formen verzerrt, mit fremdem Unrat vermischt und vom Winde verweht wurde." (Crone, "Slaves on Horses", 6). ↩