Passah
Nachdem Pharao die ersten Zauberkünste verhöhnte, bringen Mose und Aaron kurz hintereinander allerlei Plagen über Ägypten. Hierunter kam es zur Heimsuchung durch Fröschen, Insekten, Seuchen, ungewöhnliche Wetterereignisse wie Hagel und Dunkelheit, die man allgemein die "Zehn Plagen" Ägyptens nennt.
Obwohl man solche Ereignisse, wenn sie wirklich stattgefunden hätten, deutlich in zeitgenössischen Aufzeichnungen erwarten würde, findet man keinerlei Hinweis auf ihnen außerhalb der Bibel. In 1950 versuchte Immanuel Velikovsky in seinem Buch "Worlds in Collision" die Plagen (und gewisse andere Erscheinungen in der Bibel) mit einem Zusammenstoß zwischen Venus und der Erde in Zusammenhang zu bringen, die beinahe passiert sei. Das Buch weckte eine Zeit lang großes Aufsehen. Die Antworten der Astronomen reichten von Belustigung zu Wutausbrüchen, und niemand, weder Bibelgelehrte noch Wissenschaftler, hat auch nur einen Augenblick lang Velikovskys Behauptungen ernst genommen.
Die zehnte Plage war die entscheidende. In deren Verlauf starb der erst geborene Junge in jedem ägyptischen Haus durch Gottes Hand. Die Israeliten wurden geschont. Jede Familie musste eine feierliche Mahlzeit einnehmen und das Blut des geschlachteten Lamms auf den Türrahmen aufbringen:
2 Mos 12:23 Und der HERR wird durch das Land gehen, um die Ägypter zu schlagen. Sieht er dann das Blut an der Oberschwelle und an den beiden Türpfosten, wird der HERR an der Tür vorübergehen und wird dem Verderber nicht erlauben, in eure Häuser zu kommen, euch zu schlagen.
Zur Erinnerung an dieses überwältigende Ereignis, das den Anfang der Auswanderung und die Gründung der israelitischen Nation darstellt, wird jedes Jahr eine feierliche Mahlzeit eingenommen. Die Feier wird Passah genannt
2 Mos 12:11 ...Ein Passah für den HERRN ist es
Die wirkliche Bedeutung von "Passah" ist unbekannt. Die biblischen Verfasser sahen hier eine Ähnlichkeit mit dem Wort für "vorübergehen" und schrieben die Sätze dann auf diese Weise.
Vermutlich war Passah eine Landwirtschaftsfeier lange vor Mose. Solche Feste sind in allen Bauerngesellschaften üblich. (Auch in Deutschland feiert man zum Beispiel ein "Erntedankfest"). Solche Feste waren, selbst unter den frühen Israeliten, durchaus heidnischen Ursprungs.
Die priesterlichen Verfasser des Hexateuchs konnten aber nicht die alten Gepflogenheiten allzu sehr verändern. Diese Feste waren zu beliebt und zusehr in der Gewohnheit verankert, als dass man sie hätte abschaffen können. Das beste, was man aus ihnen machen konnte, war sie mit einem biblischen Ereignis zu verbinden und sie von Götzenanbetung zu trennen. Die Passah wurde hier mit dem wichtigsten Ereignis der frühen Geschichte verknüpft, nämlich der Auswanderung.
(Solche neue Verbindungen sind in der Entwicklung von Religionen bekannt. So wurde die winterliche Feier - die Saturnalien in Rom, die Jul-Feier in Nordeuropa - zum christlichen Weihnachten gemacht zu Erinnerung an die Geburt von Jesus - etwas, was später erörtert werden soll.)
Nach dem Exil war Passah eins der drei Feste, während welcher alle Juden versuchten nach Jerusalem zu reisen und im Tempel zu beten. Es war während eines dieser Passah-Feste, dass Jesus gekreuzigt wurde.
Der Jahrestag von Jesu Wiederauferstehen wird weiterhin zur gleichen Zeit wie Passah gefeiert, aber nie auf dem gleichen Tag, denn die christliche Methode, den Tag zu berechnen, unterscheidet sich von der jüdischen.
Dieser Jahrestag heißt auf Deutsch "Ostern" und ist ein weiteres Beispiel für religiöse Anpassung. Das Wort selber ist heidnischen Ursprungs. So wurde aus einem heidnischen Frühlingsfest jetzt eine Erinnerung an die Wiederauferstehung, während der Name erhalten blieb, um den Übergang so verträglich wie möglich zu gestalten.
Das Wort "Ostern" wird auch gelegentlich zur Bezeichnung des jüdischen Passahfests benutzt. Das geschieht zum Beispiel einmal in der englischen King James Bibel (Apostelgeschichte 12:4).