Gott, der Herr

Wo die Schöpfungsgeschichte P beendet, fängt eine weitere an:

1 Mos 2:4 Dies ist die Entstehungsgeschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden. An dem Tag, als Gott, der HERR, Erde und Himmel machte

Das besondere Merkmal ist hier der plötzliche Gebrauch des Ausdruckes „Gott, der Herr“, wo in den bisherigen 34 Versen lediglich von „Gott“ die Rede gewesen ist.

Das hebräische Wort, das hier mit „Herr“ übersetzt wird, ist vier Buchstaben, die auf Deutsch JHWH geschrieben werden kann, und das man üblicherweise „Jehova“ ausgesprochen hat, aus Gründen, die später erklärt werden sollen. Heutige Gelehrte gehen davon aus, dass es eher „Jahwe“ heißen soll.

Wo „Gott“ ein allgemeiner Ausdruck für jede Gottheit sein kann, das aber normalerweise den Gott der Bibel bedeuten soll, ist Jahwe der besondere Name gerade dieses einen Gottes. Namen waren dem altertümlichen Menschen besonders wichtig, da sie als eine Eigenschaft der Persönlichkeit angesehen wurden. Durch Aussprache des Namens hatte man nach volkstümlicher Auffassung einen gewissen Zugriff auf die benannte Person. Namen waren deshalb magische Mittel. Die Juden nach dem Exil missbilligten Magie, nicht weil sie nicht daran glaubten, sondern weil sie meistens im Namen heidnischer Götzen ausgeübt wurde.

So kam es, dass man vermied, den Namen Gottes auszusprechen. Wenn dieses dennoch in den frühen Bibelbüchern oder in den Profetenbüchern nach dem Exil geschah, dann sagten fromme Juden stattdessen „Adonai“ („Herr“). Dieses Hüllwort wurde in der deutschen Übersetzung übernommen, sodass der Ausdruck „der Gott Jahwe“ nunmehr als „Gott, der Herr“ übersetzt wird.

Die Anwendung des Ausdrucks „Gott, der Herr“ („Jahwe Elohim“) statt Gott („Elohim“) kennzeichnet eine besondere Folge von Überlieferungen, die in den Hexateuch eingearbeitet wurde. Diese Folge wird „Jahwist“ oder „J“ bekannt, weil hier „Jehova“ (oder „Jahwe“) statt Gott geschrieben wird.

Es gibt noch eine weitere Schriftenfolge, die wie die Priesterschrift einfach Elohim für Gott schreibt, und das ist der „Elohist“ oder „E“. Jahwist und Elohist sind beide mehr persönlich als die Priesterschrift, erzählen Geschichten mit vielen Einzelheiten und gehen nicht so sehr auf die formellen Gesichtspunkte der Sache ein.

Der Jahwist ist möglicherweise so früh als im neunten Jahrhundert v.Chr. im südlichen der zwei Reiche, in die die Israeliten sich teilten, niedergeschrieben worden. Das war das Königreich Judah. Der Elohist wurde ein Jahrhundert später im nördlichen Königreich Israel zusammengestellt.

Der vorherrschende Stamm im nördlichen Königreich war Epraim und dieser Name wird manchmal als gleichbedeutend mit Israel benutzt. Es ist daher ein auffälliger Zufall, dass J sowohl Juda als auch Jahwist bedeuten kann, während E Ephraim oder Elohist bedeuten kann.

Das nördliche Königreich wurde gegen Ende des achten Jahrhunderts v.Chr. zerstört und die Priester in Juda gliederten E in ihre eigene J-Überlieferung ein. Dadurch wurde ihre eigene Urgeschichte mehr vollständig, obwohl einige Zweifachnennungen dabei in Kauf genommen werden mussten, einmal die Nordausgabe, einmal die Südausgabe. Trotz sorgfältiger Einarbeitung können solche Doppelgeschichten ausgemacht und untersucht werden.

Während und nach dem babylonischen Exil griff die Priesterschaft die vereinigte J-E-Schrift auf und ergänzte sie mit ihrem eigenen P-Stoff, und so entstand das erste Buch Mose in der Form, die wir heute haben. Ich habe nicht vor in diesem Buch das erste Buch Mose auseinander zu sortieren (was zum Beispiel in The Anchor Bible getan wird), aber es ist nützlich zu wissen, dass man mit drei Quellen zu tun hat.

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