Der siebte Tag
Knapp und knapp, mit Kraft und Frische, erzählen die ersten 34 Verse der Bibel die Geschichte der Schöpfung. Sechs Schöpfungsvorgänge fanden an sechs auf einander folgenden Tagen statt:
1 Mos 2:2 Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte.
1 Mos 2:3 Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn;
Dies stellt die überlieferte Einrichtung des Sabbats dar – ein Tag, der von den anderen Tagen der Woche ausgesondert ist und Gott gewidmet ist.
Die Rolle, die der Sabbat im Judentum spielte, war zunächst gering, später aber gewaltig. Die Trennlinie kommt mit einem der großen Wendepunkte in der jüdischen Geschichte – dem babylonischen Exil. Dieses ereignete sich im 6. Jahrhundert v.Chr. und soll später ausgiebig behandelt werden. Auf diese Trennlinie beziehe ich mich, wenn ich sage, dass etwas „vor dem Exil“ oder „nach dem Exil“ gewesen ist.
In der Zeit vor dem Exil wird der Sabbat kaum erwähnt und hat scheinbar unter den Israeliten wenig Bedeutung gehabt. Nach dem Exil war die Beachtung den Juden äußerst wichtig und sie würden lieber sterben als die Beachtung des Sabbats zu verletzen.
Die Annahme, dass der Sabbat babylonischen Ursprungs ist und während der Zeit in Exil an Bedeutung gewann, ist verlockend. Man kann auch nicht wirklich die ersten Kapitel der Genesis als Beleg für das hohe Alter des Sabbats in dessen heiligsten Form ansehen, denn man ist sich allgemein einig, dass die Schöpfungsgeschichte ihre endgültige Form eben erst nach dem babylonischen Exil bekam, und zwar als eine Ausgabe der babylonischen Schöpfungsgeschichte, die von Polytheismus und Grobheiten bereinigt wurde und danach in die meist erhabene und verallgemeinernde Wendungen gefasst wurde, die die damalige jüdische Priesterschaft erdenken konnte.
Die Schöpfungsgeschichte ist kennzeichnend für die Teile der ersten Bibelbücher, die von der Priesterschaft kurz nach dem Exil abgeschlossen wurden. Solche Teile gehören zum so genannten „Priesterschrift“, die von den Bibelgelehrten mit „P“ gekennzeichnet werden. Merkmale der Priesterschrift sind die Unpersönlichkeit und Aufbau auf Aufzählungen und Stammtafeln.