Einleitung

Das bedeutendste, meist veröffentlichte und am meisten gelesene Buch der Geschichte ist die Bibel. Kein anderes Buch ist so gründlich untersucht und ausgewertet worden und die Vielschichtigkeit der Bibel und die Wissbegierde ihrer Erforscher erlauben, dass nach tausenden von Jahren immer noch endlos Bücher darüber geschrieben werden können.

Ich habe selber zwei kurze Bücher über die ersten Bücher der Bibel für junge Leute geschrieben („Words in Genesis“ und „Words from the Exodus“), wollte aber schon lange eine anspruchsvollere Arbeit anfangen, die man am besten als „weltliche Gesichtspunkte der Bibel“ bezeichnen kann.

Die meisten Menschen, die die Bibel lesen, tun es, um ihre sittlichen und geistigen Lehren zu erfahren. Die Bibel hat aber auch eine weltliche Seite. Sie ist ein Geschichtsbuch, die viertausend Jahre Kultur beschreibt.

Die Bibel ist allerdings nicht ein Geschichtsbuch nach neuzeitlichem Verständnis, da ihre Verfasser nicht die Grundlagen der heutigen archäologischen Techniken beherrschten, noch nicht unsere Gepflogenheiten bei Zeitangaben und Belegen beachteten und auch sonst eine andere Auffassung davon hatten, was wichtig ist, und was nicht. Die Aufmerksamkeit der Bibel ist auf die Bewohner von Kanaan gerichtet, ein kleiner Randbereich Asiens, der an das Mittelmeer grenzt. Dieses Gebiet hat nur geringe Bedeutung für die Geschichte der modernen Zivilisation (aus weltlicher Sicht) und moderne Geschichtsbücher schenken diesem Gebiet nur wenig Aufmerksamkeit.

Dennoch war fast zweitausend Jahre lang die Bibel gewissermaßen das einzige Geschichtsbuch, das in der westlichen Zivilisation benutzt wurde. Selbst heute ist die Bibel überaus beliebt und ihre Sichtweise auf die alten Kulturen ist bekannter als alle andere.

So kommt es, dass Millionen von Menschen von Nebuchadnezzar, aber nie von Perikles gehört haben, einfach weil Nebuchadnezzar in der Bibel erwähnt wurde und Perikles nicht ein einziges Mal.

Millionen wissen, dass Ahaswerus ein Perserkönig war, der Esther heiratete, obwohl es hierfür keinerlei Belege außerhalb der Bibel gibt. Die meisten der gleichen Millionen haben keine Ahnung, dass es sich dabei um den König handeln könnte, den wir als Xerxes kennen, und das das bedeutendste Ereignis in seiner Herrschaft eine Invasion von Griechenland war, das in einer vollständiger Niederlage endete. Diese Invasion wird in der Bibel nicht erwähnt.

Millionen kennen die kleineren ägyptischen Faraonen wie etwa Schischak oder Necho, die in der Bibel erwähnt werden, haben aber nie von dem großen Eroberer Thutmoses III gehört, der nicht in der Bibel erwähnt wird.

Weiter sind uns kleine Städte in Kanaan wie Schechem oder Bethel, wo biblische Ereignisse stattgefunden haben, besser bekannt als etwa Syrakus oder das ägyptische Theben, die entweder nur beiläufig oder gar nicht in der Bibel erwähnt werden.

Meistens weiß man dann auch nur das über die Städte, das in der Bibel erwähnt wird. An Ecbatana, die Hauptstadt des Medischen Reiches, erinnert man sich im Zusammenhang mit der Geschichte von Tobit, aber die frühere und spätere Geschichte dieser Stadt ist für die meisten so unklar, dass sie sich wundern, wenn sie hören, dass diese Stadt heute noch eine große Provinzialhauptstadt im heutigen Iran ist.

In diesem Buch erwarte ich also einen Leser, dem die Bibel geläufig ist, zumindest nach allgemeinen Gesichtspunkten, der aber nicht viel über die altertümliche Geschichte außerhalb der Bibel weiß. Ich nehme an, dass der Leser dieses Randgebiet kennen lernen möchte, der vermutet, dass die Bibel verständlicher wird, wenn einige der Ortschaften und Personen darin weniger rätselhaft sind. (Schließlich waren diese Leute und Ortschaften den verfassern der Bibel durchaus bekannt und es ist ungerecht, ein so wichtiges Buch im Laufe der Jahrhunderte zunehmend unklar werden zu lassen, nur weil die Umstände matt und trübe werden).

Ich versuche also hier etwas nachzuarbeiten. So werde ich zum Beispiel überlegen, wer Nimrod gewesen sein kann, versuchen zu bestimmen, wann Abraham in Kanaan einzog, das Königreich Davids in seiner historischer Umgebung betrachten, die Rolle, die verschiedene Herrscher gespielt haben, herausfinden, auch wenn die Bibel sie nur erwähnt, wenn sie gegen Israel und Juda kämpfen, und die Beziehungen zwischen den Herodes und Jesus und den Aposteln herauszuarbeiten.

Ich versuche also, alles in allem, die Außenwelt mit einzubringen und sie im Sinne der biblischen Geschichte zu beleuchten, um danach die Ereignisse der Bibel besser betrachten zu können, nachdem die nicht-biblischen Gesichtspunkte der Geschichte, Biografie und Erdkunde bekannt geworden sind.

Dabei ist es ständig verlockend (nach moderner Sicht auf die Geschichte), Zeitpunkte anzugeben, wobei allerdings nur wenige Ereignisse genau datiert werden können. Es ist daher zweckmäßig, die Zeitachse in eine Anzahl Abschnitte zu unterteilen, auf die man sich schnell beziehen kann.

Der Abschnitt vom Anfang der frühesten Zivilisationen, etwa 4000, und bis zu etwa 100 n.Chr. kann insgesamt als die „biblische Zeit“ zusammengefasst werden. Davon ist die Zeit vor 400 v.Chr. die „alttestamentliche Zeit“, von 400 v.Chr. bis 4 n.Chr. die „zwischentestamentliche Zeit“ und die Zeit seit 4 n.Chr. die „neutestamentliche Zeit“.

Die Biblische Zeit kann aber wie folgt noch weiter unterteilt werden:

  • 4000 v.Chr.-2000 v.Chr.: Die Urzeit
  • 2000 v.Chr.-1700 v.Chr.: Die patriarchale Zeit
  • 1700 v.Chr.-1200 v.Chr.: Die ägyptische Zeit
  • 1200 v.Chr.-1000 v.Chr.: Die Stammeszeit
  • 1000 v.Chr.-900 v.Chr.: Das Königreich Davids

Danach ist es am günstigsten, die Zeit nach den Völkern zu benennen, die das westliche Asien beherrschten:

  • 900 v.Chr.-600 v.Chr.: Die assyrische Zeit
  • 600 v.Chr.-540 v.Chr.: Die babylonische Zeit
  • 540 v.Chr.-330 v.Chr.: Die persische Zeit
  • 330 v.Chr.-70 v.Chr.: Die griechische Zeit
  • 70 v.Chr.-100 v.Chr.: Die römische Zeit

Während des letzten Jahrhunderts der griechischen Zeit gewannen die Juden eine kurze Unabhängigkeit unter den Makkabäern, sodass das Jahrhundert von 170 v.Chr. bis 70 v.Chr. noch die „makkabäische Zeit“ genannt werden kann.

Ich kann nicht behaupten, in diesem Buch einen bedeutenden selbstständigen Beitrag zur Bibelwissenschaft zu machen. Dazu bin ich in der Tat gar nicht fähig. Alles, was ich sage, ist Kennern der Altertumsgeschichte bestens bekannt. (An einigen Stellen werde ich mich zwar meinen eigenen Überlegungen hingeben. Dann gebe ich es auch ausdrücklich an).

Trotzdem hoffe ich, dass dieses Material, so bekannt es in einzelnen Teilen sein mag, in eine neuartige Gesamtheit vorgelegt werden kann, da es im Rahmen eines überschaubaren Buches geschieht, auf einheitliche Weise dargelegt wird, und hoffentlich in einem Schreibstil, der für den durchschnittlichen Bibelleser interessant ist.

Ich werde in diesem Buch völlig zwanglos sein und keine festen Regeln befolgen. Ich werde nicht ausnahmslos einen Ort oder eine Person beschreiben, das erste Mal, wo er in der Bibel genannt wird, falls es günstiger erscheint, die Angelegenheit später aufzugreifen. Ich werde nicht zögern, eine Erörterung völlig auszulassen, falls ich später darauf eingehe. Ich werde einzelne Themen gänzlich übergehen, wenn ich das Gefühl habe, dass ich nichts nützliches oder sinnvolles beitragen kann, und ich werde mir, ohne besondere Rücksicht, erlauben, abzuschweifen, wenn ich meine, dass das sinnvoll ist.

Dieses Buch ist also kein gelehrtes Handbuch und muss demnach auch nicht mit belanglosen Anhängen belastet werden wie etwa Fußnoten mit Quellangaben. Die Quellen, die ich benutze sind ohnehin sehr allgemein und gewöhnlich.

Erstens benutze ich natürlich verschiedene Bibelübersetzungen:

  1. The Authorized Version, die ursprünglich in 1611 veröffentlich wurde, und die man gewöhnlich unter dem Namen „King James Bible“ kennt. Das ist die Bibel, die in den meisten protestantischen Kirchen benutzt wird. Das ist auch die Version, die den meisten Amerikanern bekannt ist, und von dieser Version wird zitiert, wenn nichts anderes angegeben ist.
  2. The Revised Standard Version, Thomas Nelson & Sons, 1946, 1952 und 1959.
  3. Saint Joseph „New Catholic Edition“, Catholic Book Publishing Co. 1962.
  4. The Jerusalem Bible, Doubleday and Co., Inc. 1966.
  5. The Holy Scriptures according to the Masoretic text, The Jewish Publication Society of America, 1955.
  6. Ich habe mich ganz besonders auf die bisher ausgegebenen Bände der Anchor Bible (Doubleday) gestützt, da diese die neusten und gründlichsten Gedanken über die Bibel enthalten.

Viel von den Apokryphen ist in „The New Catholic Edition“ enthalten, und zusätzlich habe ich die King James Version und die Revised Standard Edition dieser Bücher benutzt.

Ich habe auch regelmäßig „A New Standard Bible Dictionary“, Third Revised Edition, Funk and Wagnalls Company, 1936, und „The Abingdon Bible Commentary“, Abingdon Press, 1929, und „Dictionary of the Bible“ von John. L. McKenzie, S.J., Bruce Publishing Company, 1965 benutzt.

Darüber hinaus habe ich mich an allgemeine Lexika, Wörterbücher, Lehrbücher in Geschichte, Erdkunde und andere Fächer, die ich finden konnte, und die mir nützlich erschienen.

Das Ergebnis, ja, das kann man jetzt auf den folgenden Seiten sehen.

results matching ""

    No results matching ""